Ohne den ergänzenden Gegenpol ist Alles Nichts … Verhalten dialektisch betrachtet
So wie man ein Haus erst ganzheitlich erfasst, wenn man es von verschiedenen Seiten betrachtet, sollten wir uns auch bei Verhaltenskompetenzen fragen, wie die Gegenseite aussieht:
Hat der flexible Bewerber genügend Standfestigkeit und Rückgrat? Ist die kommunikative Kollegin auch ausreichend verschwiegen? Findet der engagierte Mitarbeiter auch seine Grenzen, um sich nicht zu schnell zu verausgaben? Besitzt die humorvolle Kollegin gleichzeitig auch genügend Ernst?
Eigenschaften, Werte und Verhaltensstärken entfalten nur dann eine konstruktive Wirkung, wenn sie durch einen ergänzenden Gegenpol ausbalanciert werden.
Das Werte- und Entwicklungsquadrat hilft uns, Verhalten dialektisch zu betrachten (S.v.Thun, 1998). Erst wenn wir auch über gegensätzliche Verhaltensalternativen verfügen, können wir flexibel reagieren und das eigene Verhalten situationsangemessen dosieren.
Wenn die ergänzende Verhaltensalternative nicht zur Verfügung steht, schlägt eine Eigenschaft schnell ins Negative um: Wer sich durchsetzen kann, braucht als Potenzial auch die Fähigkeit, Rücksicht zu nehmen und auf die Bedürfnisse anderer einzugehen. In der Überdosis verkommt die Durchsetzungsfähigkeit zur rücksichtslosen Machtausübung.
Und natürlich kann auch die Fähigkeit zur Rücksichtnahme so weit übertrieben werden, dass sie zur Anpassung bis hin zur Selbstaufgabe führt. Oder andersherum gedacht: Der positive Kern in der Selbstaufgabe ist die Fähigkeit zur Anpassung.
Das Werte- und Entwicklungsquadrat hilft beim
- Auflösen von polarisierenden Zuschreibungen und gegenseitigen Entwertungen in Konflikten – und das brauchen wir gerade mehr als alles andere,
- bei der Vorbereitung auf schwierige Gespräche (wie das geht habe ich kürzlich in einem Beitrag beschrieben) und
- bei einer wohlwollenden Sicht auf sich selbst und der Formulierung von Entwicklungszielen (in den Bildern ein paar Beispiele dazu).
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