Fallskizze: Jahresgespräche
‚Jahresgespräche sind old school‘, meint der Coachee. Er hat wenig Lust zu den bevorstehenden Gesprächsrunden, weder als Mitarbeiter, noch in seiner Funktion als Teamleiter
Er ist Wirtschaftpsychologe, jung, dynamisch, sympathisch und vertritt energisch die Ansicht, es müsse immer um Feedback und Entwicklung der Mitarbeitenden gehen, das ganze Jahr über – und nicht in einem überkommenden Ritual zum Jahresende.
Ich stimme ihm zu und halte dagegen: Ich finde Beides richtig und wichtig – regelmäßiges zeitnahes Feedback im Alltag UND Jahres- oder Halbjahresgespräche.
Im operativen Alltagstress gerät Vieles zwischen Tür und Angel und das differenzierte, sorgfältig vorbereitete und entwicklungsfördernde Feedback kommt dann auch bei guten Vorsätzen oft zu kurz.
Jahresgespräche bleiben ein wichtiges und starkes Instrument für Unternehmen und Mitarbeitende – wenn sie gut gelingen. Warum?
Abseits des Tagesgeschäfts bieten sie die Möglichkeit, einen längeren Zeitraum systematisch zu analysieren, Herausforderungen und Erfolge zu würdigen und gemeinsam auch längerfristige Ziele und Entwicklungen zu besprechen.
Ebenso wichtig: Wie hat sich die gemeinsame Arbeitsbeziehung entwickelt und was könnte noch besser funktionieren?
Wenn solche Jahresgespräche Sinn stiften und das gegenseitige Vertrauen fördern sollen, brauchen Führungskräfte
eine coachende Grundhaltung, d.h. eine Fokussierung auf Stärken, Erfolge, Gelungenes, was ausgebaut und weiterentwickelt werden kann – statt auf Fehler und Defizite sowie die Fähigkeit, kritisches konstruktiv und entwicklungsorientiert anzusprechen.
die Bereitschaft, Zeit zu investieren und sich auf ein echtes Gespräch einzulassen: Sich zu interessieren, wirklich zuzuhören und nachzufragen, ehrlich Resonanz zu geben und Stellung zu nehmen – und das alles auch bei kritischem Feedback!
Damit Fragen rund ums Gehalt nicht das ehrliche Feedback unterwandern, sollten sie in einem anderen Gespräch an einem anderen Termin verhandelt werden
Die bisherigen Erfahrungen des Coachee mit Jahresgesprächen glichen eher einem routinierten ‚Abhaken‘ von Beurteilungschecklisten
Das lässt sich in beiden Rollen durch gute Vorbereitung und das entsprechende Setting ändern, wenn er dazu bereit ist. Das Investment lohnt sich für ihn als Teamleiter ebenso wie als Mitarbeiter. Die Zusammenarbeit wird durch die intensiveren Gespräche nachhaltig geklärt und entlastet.
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