Coaching – oder Psychotherapie
Beide Arbeitsformen basieren auf einer vertrauensvollen Beziehung und zielen auf persönliche Veränderung und Entwicklung. Beide nutzen ähnliche Methoden, denn die allermeisten Methoden wurden im therapeutischen Kontext entwickelt (z.B. Aktiv zuhören, systemische Fragetechniken, lösungs- und Ressourcenfokussierung, Identifikationstechniken und Rollenspiele, Embodiment etc.).
Wie lässt sich dann Coaching von Psychotherapie abgrenzen und wie können wir sinnvoll entscheiden, was jeweils passend ist?
Coaching fördert die (berufliche)Leistungsoptimierung und persönliche Weiterentwicklung. Es bietet Hilfe zur Selbsthilfe für Menschen, die sich verändern wollen. Psychotherapie dient der Behandlung von psychischen Störungen mit Krankheitswert. Für eine Psychotherapie sprechen Wiederholung und Leidensdruck: Wenn ein Problem über längere Zeit im Leben besteht und unter ähnlichen Bedingungen immer wieder auftritt, keine Besserung in Sicht ist oder der Leidensdruck spürbar wächst, reicht ein Coaching-Setting in der Regel nicht aus.
Coaching ist eher gegenwarts- und zukunftsorientiert und zielt darauf ab, konkrete Ziele und Lösungswege zu entwickeln. Die Vergangenheit spielt nur punktuell eine Rolle, z.B. um wiederkehrende Muster zu identifizieren, die bei der Zielerreichung stören. Psychotherapie hat zum Ziel, tiefsitzende und anhaltende emotionale Probleme oder Traumata zu bewältigen. Einige Psychotherapieverfahren befassen sich dabei auch ausführlicher mit der Vergangenheit.
Coaching wird privat bezahlt oder vom Arbeitgeber finanziert.
Psychotherapie kann als Heilbehandlung von der Krankenkasse übernommen oder privat bezahlt werden.
Für Coaching gibt es keine gesetzlich vorgeschriebenen Qualifikationen. Psychotherapie darf nur von Psycholog:innen mit psychotherapeutischer Approbation, von Heilpraktiker:innen mit amtsärztlicher Zulassung für Psychotherapie und von Ärzten mit psychotherapeutischer Ausbildung durchgeführt werden.
Im Coaching ist das Setting flexibel. Anzahl, Abstände, Arbeitsform und Dauer der Sitzungen können situativ und themenbezogen gestaltet werden. Psychotherapie ist meist auf eine regelmäßige Begleitung in engeren Abständen angelegt.
Als Coach sollte ich meine Grenzen kennen und ehrlich überprüfen, wieweit ich ein persönliches Thema noch professionell begleiten kann – oder ob eine Psychotherapie bzw. eine Kolleg:in mit psychotherapeutischer Ausbildung hilfreicher wäre.
In solchen Fällen kann eine gute Coachingerfahrung die Motivation schaffen für eine weiterführende Therapie oder auch helfen, die Wartezeit auf einen Therapieplatz zu überbrücken.
Coaching kann – sozusagen im Nebeneffekt – ebenfalls zum Verschwinden von Symptomen führen. Wenn ein Konflikt gelöst ist, können zum Beispiel Rücken- oder Magenschmerzen verschwinden. Die Behandlung von Symptomen und Störungen mit Krankheitswert sollte aber nicht Ziel von Coaching sein.
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Eine ausführlichere Beschreibung findet sich im Buch: Coaching: Miteinander Ziele erreichen, Neuausgabe 2025, Kapitel 3.3.
